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Nur, wo Werte sind, kann Sinn entstehen

 
 

 

Blogbeiträge

Ein Ansatz moralischer Standfestigkeit. Warum Unbestechlichkeit schwerer ist, als wir denken – und wie wir sie wirklich stärken können.

 

Foto von Brett Jordan auf Unsplash

 
 

Unbestechlich – das klingt nach großen Worten, nach klarer Haltung, nach „Ich würde niemals …“. Doch die Realität sieht oft viel subtiler aus. Denn die Situationen, in denen unsere Integrität ins Wanken gerät, sind selten spektakulär. Sie sind Teil unseres Alltags. 

Ein kleines Geschenk vom Partnerunternehmen. Ein Gefallen für die Kollegin, die bei der Beförderung hilft. „Das machen doch alle“ heißt es. Die Wahrheit ist: Bestechlichkeit entsteht nicht aus krimineller Energie, sondern aus menschlicher Verstrickung. Loyalitätskonflikte, Gruppendruck oder einfach Bequemlichkeit machen es schwer, standfest zu bleiben. Sie machen Handlungen plausibel – aber nicht automatisch richtig. Und irgendwann ist der Boden weg, Vertrauen bröckelt – intern wie extern – und Entscheidungen werden beliebig. Schließlich weiß keiner mehr, wofür man eigentlich steht. 

Warum Verbote allein nicht genügen 

Natürlich: Unternehmen sind heute mit Compliance-Regeln gut aufgestellt. Es gibt klare Vorgaben für Geschenke, Nebentätigkeiten und Sponsoring. Das ist richtig und wichtig. Doch Regeln ersetzen keine Haltung. Und wenn Kontrolle zur Angstkultur wird, verlagert sich die Grauzone einfach hinter die Kulissen. 

Wer nachhaltige Unbestechlichkeit will, muss tiefer gehen. Denn das, was in kritischen Momenten zählt, ist nicht das Regelwerk – sondern die persönliche Haltung, die eigene Klarheit, und ein Umfeld, in dem Fragen erlaubt sind. 

Der Ansatz: KLAR 

Der KLAR-Ansatz unterstützt Menschen und Organisationen dabei, Integrität zu leben – nicht nur zu kennen und unterstützt dort, wo Regeln allein nicht weiterhelfen: 

K wie Kompass – Der innere Kompass 

Wer sich selbst kennt, kann sich treu bleiben. Der erste Schritt ist die Entwicklung eines persönlichen „inneren Kompasses“. Hier stehen die ethischen Prinzipien im Vordergrund als innere Orientierung. Denn nur wer diese kennt, kann auch im Dilemma oder in Grauzonen entschieden handeln. 

Leitfragen: Was ist dir wirklich wichtig? Welcher Preis wäre für dich nicht verhandelbar? Wo liegt dein persönlicher Purpose? 

L wie Langfristiges Denken – Weitblick statt Übersprungshandlung 

Viele problematische Entscheidungen entstehen aus kurzfristigem Denken. Daher braucht es ein Innhalten und Reflexion:  

Leitfragen: Welche Entscheidungen in Deinem Alltag fordern Deine Integrität heraus? Was bedeutet diese Entscheidung in einem Tag, einem Monat, einem Jahr? Welche Spuren hinterlässt du – im Team, bei Kund*innen, in der Kultur? Wie würdest du in einem Jahr darüber denken? Würdest du eine*r vertrauten Kolleg*in davon berichten? 

A wie Akzeptanz für Schwächen – Menschlichkeit anerkennen 

Unbestechlichkeit ist kein Zustand – sie ist ein Prozess. Und dieser beginnt mit der ehrlichen Auseinandersetzung der inneren Stimmen. Selbstreflexion das Aufdecken der innerlichen Spannungen helfen, widersprüchliche Impulse zu erkennen – bevor sie zur Entscheidung werden. Erst durch das Annehmen eigener „Widersprüche“ entsteht Entwicklung. 

Leitfragen: Wo beginnt Bestechlichkeit in deinem Alltag (ethische Graubereiche)? Womit bist du (unbewusst) verführbar (bspw. Anerkennung, Bequemlichkeit, Gruppenzugehörigkeit)? Welches unbefriedigte Stimmen steckt dahinter? Was passiert, wenn Unbestechlichkeit und andere Werte wie Loyalität im Konflikt stehen? Was tust du aus Gewohnheit – obwohl es dir nicht ganz richtig erscheint? 

R wie Reflexion bei Dilemmata – Im Team wachsen 

Graubereiche werden gefährlich, wenn sie unausgesprochen bleiben. Deshalb braucht es Reflexionsräume im Team bei heiklen Entscheidungen. Nur wo Vertrauen herrscht, können Menschen und Teams über Spannungsfelder sprechen, ohne Angst vor Sanktion oder Gesichtsverlust. 

Leitfragen: Was sind typische Entscheidungen, bei denen es kein klares „richtig“ oder „falsch“ gibt? Wie und mit wem sprichst du über das, was moralisch nicht ganz klar ist – ohne Angst vor Sanktion? Mit wem sprichst du über deine ethischen Graubereiche? Kannst du im Team ehrlich sprechen? 

Ausblick: Führung heißt Vorbild sein – Kultur heißt Raum schaffen 

Unbestechlichkeit lässt sich nicht verordnen – aber sie lässt sich inspirieren. Führungskräfte spielen hier eine Schlüsselrolle: durch Vorbild, Offenheit und Haltung. Eine klare Kommunikation über Werte, ein konstruktiver Umgang mit Fehlern und die Bereitschaft, eigene Dilemmata transparent zu machen, schaffen Vertrauen – und damit die Basis für eine integre Kultur. 

Genauso wichtig: Strukturelle Ermöglichung. Wer Ethik will, muss Räume dafür schaffen. Das beginnt beim Onboarding und reicht bis zum Mitarbeitendengespräch. Wer ethische Reflexion institutionalisiert – etwa durch einen offenen Umgang mit Dilemma-Situationen, regelmäßige „Graubereichsrunden“ oder integritätsfördernde Dialogformate – verankert Unbestechlichkeit im Alltag. 

Denn Unbestechlichkeit sichert Vertrauen. Und Vertrauen ist das, was Führung trägt – nicht nur in der Wirtschaft, sondern in jeder Gesellschaft. Wer Unbestechlichkeit nicht nur fordert, sondern fördert, schafft nicht nur Rechtssicherheit – sondern eine Kultur, in der Menschen Verantwortung übernehmen, weil sie es wollen.