Führt Forschung zu Fortschritt? – Wir alle haben es in der Hand
Neugier, Entwicklung und Fortschritt sind Bedürfnisse, die wir Menschen in uns tragen und die uns zum Handeln antreiben. Aus diesen Bedürfnissen entwickelten sich im Laufe der menschlichen Geschichte Wissenschaft und Forschung, wie sie heute bestehen:
Wissenschaft ist ein übergeordnetes System, das Wissen hervorbringt (Forschung), organisiert und verarbeitet (kritisches Hinterfragen), bewahrt (Dokumentation) und teilt (Lehre & Kommunikation).
Bei der Generierung von Wissen, d. h. in der Forschung, geht es darum, prüfbare Erklärungen und Vorhersagen zu finden, um das Leben der Menschen zu verbessern.
Aber was passiert in der Forschung genau? Wird neues Wissen generiert? Oder wird eventuell nur das reproduziert, was wissenschaftlich, gesellschaftlich oder gar wirtschaftlich erwartet wird?
Antworten auf diese Fragen zu finden ist nicht leicht. Denn die Wahrnehmung ist subjektiv und selektiv. Das menschliche Gehirn ist darauf ausgerichtet, Informationen in der Außenwelt so zu suchen, auszuwählen und zu interpretieren, sodass sie unseren Erwartungen und unserem Weltbild entsprechen. Dieses Phänomen (auch confirmation bias genannt) kommt auch oder insbesondere bei der Forschung vor.
Darüber hinaus kann Forschung nicht gänzlich unabhängig vom System und der Gesellschaft (und den darin enthaltenen Weltbildern) bestehen, in denen wir leben.
So ist der Forschungsprozess oft an (individuelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche) mehr oder weniger bewusste Erwartungen geknüpft:
Das beginnt bereits bei der Auswahl der erforschten Phänomene und bei der Durchführung von Studien.
Des Weiteren ist die Publikation von Ergebnissen vor allem auf statistisch signifikante Ergebnisse ausgerichtet, so dass statistisch nicht-signifikante Ergebnisse vernachlässigt werden, die jedoch hohe Relevanz hätten.
Das geht einher mit der Motivation mancher Akteure, Aufmerksamkeit und Anerkennung zu erhalten, statt der Forschung an sich oder ihrem gesellschaftlichen Auftrag Genüge zu tun.
Und schließlich gab und gibt es auch Fälle, in denen Forschungsergebnisse in die mehr oder weniger bewusst erwartete Richtung (u. a. confirmation bias) manipuliert wurden bzw. werden.
In der Forschung wurden daher Regeln definiert, die versuchen diese Probleme bzw. Bias abzufangen und Qualitätsstandards wie Unabhängigkeit (Objektivität), Gültigkeit (Validität) und Verlässlichkeit (Reliabilität) der Forschung sicherzustellen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse werden schließlich in Politik, Wirtschaft aber auch in und durch unsere Gesellschaft angewandt. Durch die Anwendung des Wissens entsteht aus Forschung Fort-Schritt.
Aber wie nutzen wir das Wissen, das uns die Forschung anbietet? Führt uns dies wirklich zu Fortschritt?
Denn Forschung und Fort-Schritt haben auch zu großem Leid, u. a. für Natur und (Um)-Welt, geführt. Paradoxerweise sind wir dadurch in eine Welt geschritten, in der das Leben von Tier und Mensch bedroht ist – das Gegenteil von dem, was durch Forschung eigentlich erreichen werden sollte: Das Leben zu verbessern.
Wir stehen derzeit als Weltgemeinschaft an einem Wendepunkt mit großen Herausforderungen. Man könnte es sogar Krisen nennen. Es gibt jedoch Hoffnung!
Denn aus Forschung wird auch zukünftig Fort-Schritt entstehen. Aber in welche Richtung soll uns Fort-Schritt nun führen?
Die Richtung bestimmen wir nur gemeinsam. Denn im Grunde tragen alle Menschen die Verantwortung für den Umgang mit Wissen/ Erkenntnissen:
Wissenschaftler:innen
Politiker:innen
Wirtschaftsakteure
Jede Person der (Welt-) Gesellschaft
Die Ethik bietet eine Perspektive, ganzheitlich auf den Umgang, d. h. die Generierung, Anwendung und Folgen von wissenschaftlichen Erkenntnissen für die (Welt)Gemeinschaft, zu blicken und kritisch zu hinterfragen. Es braucht daher die Wissenschaftler:innen, die Forschung ethisch sowie wertebasiert betreiben und Erkenntnisse für die Gesellschaft zugänglich machen. Gleichzeitig sollten Wissenschaftler:innen noch deutlicher kommunizieren, was Forschungserkenntnisse können, was sie nicht können und welchen ethischen Mehrwert diese Erkenntnisse der Welt bieten.
Gleichermaßen braucht es Politiker:innen sowie Wirtschaftsakteure, die mit ethischem Bewusstsein mit diesen Erkenntnissen weiterarbeiten. Dabei sollte die Menschlichkeit wieder stärker in den Fokus rücken, damit wir als globale Gesellschaft überleben.
Und es braucht jede Person, die mit einem ethischen Bewusstsein die wissenschaftlichen Erkenntnisse und deren Anwendung kritisch betrachtet und hinterfragt.
Liebe:r Leser:in: In welche Richtung möchtest Du fort-schreiten?