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Blogbeiträge

Wie viel Freiheit steckt in New Work?

 
 
 

Die Vorstellungen von Arbeit verändern sich. Arbeit soll sinnstiftend sein, persönliche Bedürfnisse erfüllen und sich mit privaten Zielen vereinbaren lassen. 
Es geht um Freiheit und Selbstverwirklichung.

Viele Menschen sind froh, überhaupt eine Arbeitsstelle zu haben, von der sie leben können. Diese Bedürfnisse zeigen sich daher besonders bei Personen, die sie sich wortwörtlich leisten können. Für diesen Personenkreis scheinen die Veränderungen der Arbeitswelt, durch Konzepte wie New Work, die Chance zu mehr Freiheit zu bieten. Augenscheinlich besonders dann, wenn sie für ihre Arbeit prinzipiell nur einen Laptop und WLAN benötigen. Doch sorgt New Work wirklich für mehr Freiheit? 

New Work steht für Freiheit, Selbstständigkeit und Teilhabe. Oft wird mit New Work all das beschrieben, was sich im Rahmen der Digitalisierung an Veränderungen im Kontext der Arbeit ergibt. Auf diesen Veränderungen des Arbeitsumfelds in Unternehmen soll zunächst der Fokus liegen. Durch die Ereignisse der letzten Jahre hat sich das eigenverantwortliche Arbeiten zunehmend etabliert. Die örtlich und teilweise auch zeitlich freie Gestaltung von Arbeit in sich selbstorganisierenden Teams mit flachen Hierarchien, die zum Teil auch autonom Entscheidungen treffen können, sind keine Seltenheit mehr und bieten großes Potenzial. 

Die Vorteile von New Work 

Viele erleben diese Entwicklung als Gewinn. Wer, wenn nicht ich selbst, sollte besser wissen, wie ich effektiv und zufrieden arbeiten kann?
 
Die Chancen von New Work bestehen in einer höheren Flexibilität und Autonomie. Die Freiheit des „Wann“ und „Wo“ der Arbeit kann zu einer besseren Vereinbarung von Privatem und Beruflichem führen. Man spart die Zeit für die An- und Abreise zur Arbeitsstelle und kann oft konzentrierter arbeiten als in einem großen Büro mit vielen Ablenkungen. Eigenverantwortliches Entscheiden in den eigenen Kompetenzgebieten oder innerhalb eines Teams kann zeitfressende Informationsschleifen mit Vorgesetzten vermeiden. Kurzum, jeder Arbeitnehmende schafft sich selbst die Bedingungen, die zum produktiven Arbeiten benötigt werden. Dadurch bleiben mehr Zeit und Freiheit für anderen Lebensbereiche. 

Freiheit kann für Unsicherheit sorgen 

Allerdings führen diese Gestaltungsmöglichkeiten nicht zwangsläufig zu mehr Zufriedenheit. Viele Entscheidungen eigenständig treffen zu müssen erhöht die Verantwortung und kann überfordern. Denn wenn das entlastende Gefühl, bei einer (schwierigen) Entscheidung Unterstützung durch andere zu erfahren, immer mehr ausbleibt, kann die Angst, eine falsche Wahl zu treffen, zunehmen.

Zudem lädt die Möglichkeit, von überall aus zu arbeiten, dazu ein, die eben noch vorteilhaft erscheinende verschwimmende Grenze zwischen Work und Life vollends zu verlieren. Privater und beruflicher Raum verschmelzen miteinander, insbesondere, wenn kein separater Raum zum Arbeiten vorhanden ist.

Dazu besteht das Risiko, dass sich Mitarbeitende sozial isolieren, wenn sie ihre Wohnung im Prinzip nicht mehr verlassen müssen. Alles Lebensnotwendige kann geliefert werden. Außerdem bleibt der Plausch mit den Kolleg:innen im Sozialraum oder der Kaffeeküche aus. Dadurch können sich Erholungsphasen zwischen den einzelnen Arbeitsphasen des Tages reduzieren.  
Schließlich können alle genannten Faktoren Verausgabung und Überlastung begünstigen. 

Welches Fundament braucht New Work? 

Digitale Arbeitsformen stellen daher besondere Anforderungen an Organisationen, die passenden Rahmenbedingungen herzustellen. Aber auch die selbstregulatorischen Kompetenzen der Mitarbeitenden werden gefordert. Jede:r Einzelne muss sehr genau einschätzen können, was er:sie braucht und wie er:sie vorgehen sollte, damit die genannten Probleme vermieden werden. Um hierüber eine treffende Selbsteinschätzung abgeben zu können, muss allerdings bereits die entsprechende Selbstkenntnis und -erkenntnis vorhanden sein. Längst nicht jede:r hat sich bereits in die dafür nötige Selbstreflexion begeben.

Das führt uns zu der Grundlage von New Work und der Definition von Freiheit in diesem Kontext. Betrachtet man New Work in seiner Ganzheit und damit als eine Haltung zur Gestaltung von Arbeit, die über die Implementierung digitaler Arbeitsformen hinaus geht, erschließt sich einem die fundamentale Funktion der Freiheit in diesem Zusammenhang. 

Was bedeutet Freiheit im Arbeitskontext? 

Nach einem der Vordenker des New Work, Frithjof Bergmann, sind Handlungen frei, „wenn der Handelnde sich mit den Wesenselementen identifiziert, aus denen sie entspringt; sie ist erzwungen, wenn der Handelnde sich von dem Wesenselement dissoziiert, das die Handlung erzeugt oder veranlasst.“ Freiheit besteht demnach erst dann, wenn Menschen herausgefunden haben, was sie wirklich wollen und gemäß dieser Erkenntnis handeln.  

Unternehmen, die sich mit New Work beschäftigen, sollten ihren Mitarbeitenden daher die Möglichkeit geben, herauszufinden was und wie sie am besten arbeiten können und wollen. Diese (arbeitsbezogene) Reflexion und Selbsterkenntnis jeder einzelnen Person, bringt das Unternehmen anschließend in die Lage, Bedürfnisse und Wünsche ihrer Mitarbeitenden zu berücksichtigen. So kann sichergestellt werden, dass sie in die Planung und Implementierung neuer Arbeitsabläufe einbezogen werden. Dadurch können Rahmenbedingungen geschaffen werden, in die sich alle Mitarbeitenden einbetten lassen. 

Unter diesen Umständen wird New Work tatsächlich mit mehr Freiheit, in Bergmanns Sinne, einhergehen. Die Mitarbeitenden werden durch das neue Selbstwissen und die passende Arbeitsgestaltung, in den meisten Fällen, eine Steigerung ihrer Lebenszufriedenheit und Arbeitsqualität erleben. 

 
Niels HemmisWissenswertes